Beschlussvorlage öffentlich - VO/2020/021
Grunddaten
- Betreff:
-
Beschluss über die Neufassung einer Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (Zweitwohnungssteuersatzung)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage öffentlich
- Federführend:
- Fachdienst Finanzen
- Beteiligt:
- Gleichstellungsbeauftragte
- Verfasser*in:
- Thomas Tramm
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Finanzausschuss
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Vorberatung
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25.11.2020
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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14.12.2020
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Sachverhalt
1. Zuständigkeit
Die Ratsversammlung ist gemäß § 28 Nr. 2 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein zuständig.
2. Sachdarstellung
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14 u.a.) die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel III des Grundgesetzes unvereinbar deklariert, da die letzte Hauptfeststellung der Einheitsbewertung bereits aus dem Jahre 1964 datiert und eine Aussetzung dieser Hauptfeststellung über einen langen Zeitraum systembedingt in erheblichem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch ungleiche Bewertungsergebnisse führt. Ob dieser Entscheidung bedarf es bekanntlich einer umfänglichen Grundsteuerreform.
In Anlehnung an dieses Urteil hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2019 (Az. 1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13) dann auch die Bemessungsgrundlage „Jahresrohmiete“ zur Festsetzung der Zweitwohnungssteuer als verfassungswidrig eingestuft, da es sich hierbei um den vom Finanzamt ermittelten Mietwert einer Wohnung auf Grundlage der Einheitswerte des Mietspiegels von 1964 handelt.
Hierauf basierend hat das Bundesverwaltungsgericht mit Grundsatzurteil vom 27. November 2019 (Az. 9 C 3/19, 9 C 4/19 u.a.) ebenfalls die Nichtanwendbarkeit der Jahresrohmiete als kommunale Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer attestiert.
3. Problemdarstellung
Die Zweitwohnungssteuer in der Stadt Schleswig wurde bisher lt. Satzung vom 18.09.2013, in der Fassung der 2. Nachtragssatzung vom 24.11.2016, ebenfalls anhand der vom Finanzamt mitgeteilten Jahresrohmiete berechnet. Aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung ist diese als Erhebungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer folglich nicht mehr zulässig.
4. Handlungsbedarf
Um rechtssicher eine Zweitwohnungssteuer erheben zu können, bedarf es somit einer neuen Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (Zweitwohnungssteuersatzung), die hinsichtlich der Bemessungsgrundlage den gerichtlich dargelegten Anforderungen entspricht. Da anders als in Bezug auf die Grundsteuer seitens der Gerichte hier keine Fortgeltungsanordnung ausgesprochen wurde, ist eine umgehende Verabschiedung indiziert.
Um noch nicht bestandskräftige Veranlagungen sowie noch etwaig offenbar werdende Neufälle berücksichtigen zu können, muss die Satzung rückwirkend erlassen werden. Im Rahmen der sog. Ablaufhemmung gem. §171 Abgabenordnung (AO) ist dieses bis zu sieben Jahren möglich – hier also rückwirkend bis zum erstmaligen Inkrafttreten der Zweitwohnungssteuersatzung zum 01. Januar 2014. Gegen die rückwirkende Änderung der Satzung bestehen auch keine Bedenken, da die Abgabepflichtigen dadurch nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisherigen Satzung (Schlechterstellungsverbot gem. § 2 Abs. 2 Satz 3 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein). Um dieses gewährleisten zu können, sind entsprechende individuelle Vergleichsberechnungen zu erstellen.
Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben in ihren Entscheidungen leider nicht explizit eine geeignete Bemessungsgrundlage für die Steuererhebung vorgegeben, sondern lediglich Anhaltspunkte und Kriterien benannt, die gerichtsseitig erfüllt sein müssen, damit die Steuererhebung nicht grundsätzlich verfassungswidrig, sondern rechtskonform möglich sei. Hauptaugenmerk dieser Vorgaben ist die Abstellung auf die Lage und die Vergleichbarkeit der zu besteuernden Zweitwohnungen. Aufgrund der Komplexität dieser Vorgaben gestaltet sich die Findung einer neuen Bemessungsgrundlage derart diffizil, dass sich diverse kommunalübergreifende Institutionen hiermit intensiv auseinandergesetzt haben, um den Kommunen annähernd gleichlautende Bemessungsgrundlagen an die Hand geben zu können, damit diese in den zu erwartenden weiteren Gerichtsverfahren untereinander vergleichbar sind. So hat eine Arbeitsgruppe des Städteverbandes Schleswig-Holstein und des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages unter beratender Begleitung einer anerkannten Rechtsanwaltskanzlei einen Satzungsvorschlag erarbeitet, der die aktuelle Rechtsprechung und die vom Gericht geforderten Differenzierungen berücksichtigt. Die hier vorgeschlagene Bemessungsgrundlage orientiert sich am Bodenrichtwert, der Gebäudeart, dem Baujahr sowie an der Wohnfläche. Diese Bemessungsgrundlage wurde in der Neufassung der Satzung weitestgehend übernommen. Weiterhin wurden einige Formulierungen der Praxis angepasst.
Der Steuersatz muss aufgrund der neuen Berechnungsformel ebenfalls angepasst werden, da bei weiterer Anwendung des bisherigen Steuersatzes von 14% in allen Fällen aufgrund des Schlechterstellungsverbotes jeweils die alte Berechnungsmethode angewandt werden müsse, so dass kein Steuerpflichtiger von der Neuberechnung profitieren würde. Mit einer Senkung des Steuersatzes auf 8 % profitierten von 116 Steuerpflichtigen ca. 35 von der Neuregelung, was in den noch zu veranlagenden Jahren 2019 und 2020 zu einem Ertragsverlust von ungefähr 20.000 € führen wird. Für bereits bestandskräftige Veranlagungen der Jahre 2014 bis 2019 gilt die Rückwirkung jedoch nicht. Somit berücksichtigt die Stadt Schleswig den Tenor des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes.
Eine stichprobenartige Berechnung hat ergeben, dass ein Steuersatz von 4,5 % dem bisherigen Steueraufkommen am nächsten kommt, so dass die Neuberechnung in der Summe zukünftig nicht zu einem wesentlich geänderten Gesamtsteueraufkommen führt. Allerdings steht fest, dass es für den einzelnen Steuerpflichtigen durchaus zu gravierenden Unterschieden, sowohl positiv als auch negativ, kommen wird. Dieses ist jedoch der vom Bundesverfassungsgericht geforderten individuellen Betrachtungsweise geschuldet.
Die Vergleichsberechnungen können in den Sitzungen erläutert werden.
Ab dem 01.01.2021 soll dann bei allen Steuerpflichtigen die neue Berechnungsmethode mit einem Steuersatz von 4,5% zum Tragen kommen.
5. Begründung des Beschlussvorschlages
Die als Anlage beigefügte Neufassung der Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer trägt der aktuellen Rechtsprechung und somit einer rechtssicheren Steuererhebung Rechnung.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe |
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1
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(wie Dokument)
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117,2 kB
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2
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(wie Dokument)
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94,2 kB
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