Beschlussvorlage öffentlich - VO/2021/051
Grunddaten
- Betreff:
-
Beschluss über die Prüfung zur Durchführung einer jährlichen kommunalen Laser- oder Drohnen-Lichter-Show ab dem Jahreswechsel 2022/2023 (Antrag der GRÜNEN- und SPD-Fraktion vom 08.03.2021)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage öffentlich
- Federführend:
- GRÜNE- und SPD-Fraktion
- Verfasser*in:
- Dr. Babette Tewes und Christoph Dahl
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Kultur-, Sport- und Tourismusausschuss
|
Entscheidung
|
|
|
27.05.2021
|
Beschlussvorschlag
Es wird beschlossen:
-
Die Verwaltung möge prüfen, wie die Stadt Schleswig ab dem Jahreswechsel 2022/2023 jährlich an Silvester eine kommunale Laser- oder Drohnen-Lichter-Show organisieren könnte. Hierbei sollte insbesondere die organisatorische Beteiligung des Stadtmarketings in Betracht gezogen werden. Die Höhe der benötigten Mittel soll ermittelt und dann vorbehaltlich weiterer Beschlussfassung durch die Ratsversammlung in den Haushalt 2022 sowie in die darauffolgenden Haushalte eingestellt werden.
-
Die Verwaltung möge ferner bei ihrer Prüfung die Möglichkeit von Crowdfounding berücksichtigen.
- Abschließend wird der Bürgermeister beauftragt, mit den Geschäftsführern der Stadtwerke SH GmbH& Co. KG sowie den Werkleitungen der Eigenbetriebe der Stadt Schleswig über die Möglichkeit zu sondieren und zu prüfen, das Hafenfest zukünftig ebenfalls mit einer Laser- oder Drohnen-Lichter-Show anstelle eines Feuerwerks enden zu lassen. Das Prüfungsergebnis soll mit dem Ergebnis zu 1. und 2. ebenfalls im zuständigen Ausschuss vorgelegt werden. Bei der Berücksichtigung des Hafenfestes ist es ggf. möglich auch schon „Kostproben“ im Jahr 2021 und 2022 vorzunehmen, damit sich die Schleswiger*innen selbst ein Bild von den geplanten Änderungen zu Silvester machen können.
Sachverhalt
Begründung des Beschlussvorschlages
Vermutlich kaum jemand hätte sich noch 2019 vorstellen können, dass ein Silvester ohne Feuerwerk möglich ist. Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass viele Selbstverständlichkeiten, Gewohnheiten und gute Bräuche abgesagt, anders geplant oder neu gedacht werden mussten. Auch der Jahreswechsel sah unter den Vorzeichen der Pandemie ganz anders aus.
Das Ergebnis ist mehr als bemerkenswert: Viel positives Feedback von Bürgerinnen und Bürgern, weniger Müll im Stadtgebiet, weniger verletzte Einsatzkräfte und nur eine geringe Zahl von unsachgemäßem Umgang mit Feuerwerk. Gleichzeitig haben sich überall in Deutschland viele Menschen Gedanken gemacht und sind kreativ geworden. Das Böllern wurde in manchen Großstädten nur auf bestimmten Plätzen erlaubt.
Andere Städte sprachen ein gesamtstädtisches Böller-Verbot aus und setzten stattdessen auf eigene Lichtershows oder boten andere Alternativen. Wir möchten diesen positiven Trend aus dem vergangenen Jahr gerne aufgreifen.
Ohne Frage ist es eine schwierige Abwägungsentscheidung, wie wir mit unserem Silvester-Brauchtum in einer „Nach-Corona-Phase“ umgehen wollen. Die Debatte über den Umgang mit Feuerwerk an Silvester hat in den letzten Jahren aufgrund der Klimakrise, Corona-Pandemie und vieler sozialer und ökonomischer Kontroversen teils zu erbitterten Grabenkämpfen geführt.
Dieser Antrag möchte einen ausgewogenen, zukunftsfähigen Vorschlag für den Umgang mit Feuerwerk in Schleswig machen. Hierfür möchten wir gerne einzelne Aspekte der laufenden Debatten darstellen und zusammenfassen. Schließlich handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung, in der möglichst alle Argumente Raum finden sollen:
Klima-, Umwelt- und Tierschutzaspekte
Das Abbrennen von Feuerwerk wirkt sich auf vielfältige Weise nachteilig auf die Umwelt aus:
-
Haustiere (insbesondere Hunde, Katzen und Vögel) werden durch Knallgeräusche und visuelle Reize wie helle Lichtblitze teilweise in Panikzustände versetzt.
-
Wildtiere werden ebenfalls in Panikzustände versetzt. Hinzu kommt bei wildlebenden Vögeln die Gefahr, in höhere Luftschichten zu fliehen und dort zu erfrieren oder von Raketen getroffen zu werden. Eichhörnchen oder Igel wiederum werden in ihrem Winterschlaf gestört und verlieren dadurch wertvolle Energie, die sie zum Überleben benötigen.
-
In der Silvesternacht wird durch das Feuerwerk etwa 2 % der jährlichen, gesamtdeutschen Treibhausgasemissionen freigesetzt. Diese 2 % entsprechen laut Umweltbundesamt etwa 1.500 bis 1.900 t Feinstaub. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Konzentration des Feinstaubs innerhalb weniger Stunden Werte von bis zu 1000 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht. Zum Vergleich: 2018 hat der mittlere, städtische Wert nach Angaben des Umweltbundesamtes bei 18 Mikrogramm pro Kubikmeter gelegen.
- Laut der Bundesanstalt für Materialforschung hat sich der Anteil an Schwermetallen wie Blei, Arsen oder Quecksilber im Feuerwerk in den letzten Jahren erfreulicherweise deutlich reduziert. Problematisch bleibt nach wie vor der hohe Kunststoffanteil im Feuerwerk.
Gesundheitliche Aspekte.
Das Gesundheitssystem könnte durch eine Reduktion der Feuerwerksaktivitäten entlastet werden:
-
Bei verringerter Feuerwerksaktivität würden die Notaufnahmen um Patient*innen mit Hand-, Augenverletzungen, Trommelfellschädigungen, Verbrennungen an Haaren oder unbedeckten Körperteilen sowie um alkoholbedingte Unfälle mit nicht ordnungsgemäß gezündeten Feuerwerkskörpern entlastet werden.
- Zusätzlich wird das Einatmen einer erhöhten Konzentration von Feinstaub vermieden, die laut Umweltbundesamt zu Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf Problemen führen.
Bedeutung für die Wirtschaft
Der Verkauf von Feuerwerk und Pyrotechnik ist ein bedeutender Wirtschaftszweig mit regionaler Struktur. Beispielsweise existiert in Altenholz bei Kiel eine Feuerwerksfabrik. Der Umsatz der Feuerwerksbranche lag 2018 bei 121 Millionen Euro, was einen Verkauf von 47.400 t Feuerwerkskörper zur Grundlage hat.
Eine mindestens ebenso große wirtschaftliche Bedeutung dürften jedoch die Veranstaltungen und Feierlichkeiten selbst haben, die mit Silvester in Verbindung stehen.
Kulturelle und soziale Bedeutung des Silvesterfeuerwerks
Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern an Silvester hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Event für breite Gesellschaftsschichten entwickelt und erfüllt wichtige, gesellschaftlich-kulturelle und sozialpsychologische Funktionen. Die Silvesternacht hat als Feiertag in Verbindung mit einem gemeinsamen Feuerwerk heute die Funktion eines „Ausbruchtages“.
Gemeinsam mit Freunden und Gleichgesinnten wird das Ende eines Abschnitts im Leben gefeiert und ein neuer eingeläutet. Hierzu gehört auch, sich gemeinschaftlich an bunten Feuerwerken und anderen Knallern zu erfreuen.
Fazit
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich das Silvesterfeuerwerk nachteilig auf Umwelt und Gesundheit von Menschen und Tieren auswirkt. Auf der anderen Seite stellen insbesondere die Veranstaltungen zu Silvester, aber auch der Verkauf von Feuerwerkskörpern und Knallern einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Die Feierlichkeiten haben darüber hinaus für die Gesellschaft eine wichtige kulturelle Funktion. Darum sollte das Abbrennen von Feuerwerk reduziert und langfristig durch alternative Angebote ersetzt werden.
Deshalb soll ab dem Jahreswechsel 2022/2023 eine Laser- oder Drohnen-Lichter-Show als neues Highlight für die Stadtgemeinschaft angeboten werden.
Die Party soll dabei so attraktiv gestaltet sein, dass das private Abbrennen von Feuerwerk überflüssig wird.
Anstelle des Jahreswechsels 2021/2022 wird bewusst der Jahreswechsel 2022/2023 angepeilt, um der Verwaltung beziehungsweise dem Stadtmarketing ausreichend Planungszeit einzuräumen und die Haushaltsmittel ordnungsgemäß zur Verfügung zu stellen.
Möglicherweise könnten die zusätzlichen Kosten durch eine geringere Umweltdienstpauschale (weniger Reinigungskosten) aufgefangen werden.
Für die GRÜNEN-Fraktion
Dr. Babette Tewes, Jonas Kähler, Tarik Pahlenkemper
Für die SPD-Fraktion
Christoph Dahl, Jan-Henrik Vogt, Sönke Harders, Eckhard Haeger
