Mitteilung öffentlich - VO/2021/061
Grunddaten
- Betreff:
-
Erläuterungen zum Antragsverfahren und zur Zulässigkeit von Ferienwohnungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilung öffentlich
- Federführend:
- Fachdienst Stadtentwicklung
- Beteiligt:
- Gleichstellungsbeauftragte
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Bau- und Umweltausschuss
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Kenntnisnahme
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20.04.2021
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Sachverhalt
1. Zuständigkeit
Die Zulässigkeit von Ferienwohnungen kann in der Bauleitplanung geregelt werden und ist auf Grundlage der rechtlichen Vorgaben des BauGB und der BauNVO zu beurteilen. Gem. § 2 Nr. 1 und 2 der Zuständigkeitsordnung befasst sich der Bau- und Umweltausschuss mit der Bauleitplanung.
2. Abgrenzung Ferienwohnen, Beherbergungsbetriebe und Dauerwohnen
Eine Ferienwohnnutzung ist im baurechtlichen Sinne eine eigenständige Nutzung und vom allgemeinen, dauerhaften Wohnen klar abzugrenzen. Der Bundesgesetzgeber hat diese Unterscheidung mit der Einführung des § 13 a Baunutzungsverordnung (BauNVO) am 13.05.2017 rechtlich eindeutig formuliert. Demnach sind Ferienwohnungen im Sinne des § 13 a BauNVO Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind.
Der letztgenannte Aspekt bildet dabei die Abgrenzung zu Beherbergungsbetrieben, welche neben einer Übernachtungsmöglichkeit auch beherbergungstypische Dienstleistungen wie bspw. Frühstücksbuffet, Reinigungsdienst u. ä. anbieten und daher grundsätzlich nicht zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind.
3. Planungsrechtlich Zulässigkeit von Ferienwohnungen
In welchem Baugebietstyp Ferienwohnungen allgemein oder als Ausnahme zulässig sind, wird seit dem 13.05.2017 ebenfalls über § 13a BauGB reguliert. Demnach sind Ferienwohnungen grundsätzlich als nicht störende Gewerbebetriebe oder Gewerbetriebe zu beurteilen. Einzelne Räume hingegen können gem. § 13 a BauNVO insbesondere bei einer baulich untergeordneten Bedeutung gegenüber der im Gebäude vorherrschenden Hauptnutzung als Beherbergungsbetriebe oder als kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes eingestuft werden.
In allen nachfolgend aufgeführten Gebieten, in denen eine Ferienwohnung nur als Ausnahme zulässig ist, ist die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit immer eine konkrete Einzelfallentscheidung. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Zweckbestimmung des Gebietes gewahrt bleiben muss - das heißt die allgemein zulässigen Nutzungen müssen überwiegen und eine gewerbliche Nutzung i. S. einer Ferienwohnung sich dem unterordnen.
Zulässigkeit von Ferienwohnungen in B-Plänen, die nach dem 13.05.2017 in Kraft getreten sind:
§ 3 BauNVO |
Reine Wohngebiete (WR) |
als Ausnahme nach S. 2 zulässig |
Abs. 3 Nr. 1 kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes (gilt bei einer baulich untergeordneten Nutzung als FeWo gegenüber der Hauptnutzung Dauerwohnen) |
§ 4 BauNVO |
Allgemeine Wohngebiete (WA) |
als Ausnahme nach S. 1 zulässig
als Ausnahme nach S. 2 zulässig |
Abs. 3 Nr. 2 nicht störender Gewerbebetrieb (gilt für Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind)
oder
Abs. 3 Nr. 1 Betrieb des Beherbergungsgewerbes (gilt bei einer baulich untergeordneten Nutzung als FeWo gegenüber der Hauptnutzung Dauerwohnen)
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§ 6 BauNVO |
Mischgebiet (MI) |
allgemein zulässig |
Abs. 2 Nr. 4 Gewerbebetrieb
oder
Abs. 2 Nr. 3 Betrieb des Beherbergungsgewerbes
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§ 6 a BauNVO
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Urbane Gebiete (MU) |
allgemein zulässig |
Abs. 2 Nr. 4 Gewerbebetrieb
oder
Abs. 2 Nr. 3 Betrieb des Beherbergungsgewerbes
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§ 7 BauNVO |
Kerngebiete |
allgemein zulässig |
Abs. 2 Nr. 3 Gewerbebetrieb
oder
Abs. 2 Nr. 2 Betrieb des Beherbergungsgewerbes
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Zulässigkeit von Ferienwohnungen in B-Plänen, die vor dem 13.05.2017 in Kraft getreten sind:
Eine Sicherung von Ferienwohnungen im Bestand, in B-Plänen, die vor dem 13.05.2017 Bestandskraft erlangt haben, ist durch die Einführung des § 13 a BauNVO (Rechtsänderung) nicht möglich, da diese Vorschrift ohne Rückwirkung in die BauNVO eingefügt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.10.2017 - 4 CN 6.17). Die Zulässigkeit von Ferienwohnungen in „alten“ B-Plangebieten ist somit nach der jeweils geltenden BauNVO zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans zu bewerten.
a. Reine Wohngebiete (WR)
In allen Fassungen der Baunutzungsverordnung sind gemäß § 3 Abs. 3 kleine Beherbergungsbetriebe als Ausnahme in reinen Wohngebieten zulässig. Ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes liegt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.05.1989 - 4 B 78.89). Ferienwohnungen – auch in einer baulich untergeordneten Nutzung – sind jedoch auf Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet und daher nicht als Beherbergungsbetrieb zu qualifizieren. Die anderslautende Auslegungsregel des § 13 a BauNVO greift erst ab 13.05.2017 (s.o.). Damit sind in reinen Wohngebieten „alter“ B-Pläne Ferienwohnungen unzulässig, daher nicht genehmigungsfähig, und genießen demzufolge auch keinen Bestandsschutz.
b. Allgemeine Wohngebiete (WA)
In allen Fassungen der BauNVO sind gemäß § 4 Abs. 3 Beherbergungsbetriebe und (sonstige) nicht störende Gewerbebetriebe als Ausnahme zulässig. Da Ferienwohnungen nicht als Beherbergungsbetriebe zu werten sind, kommt ausschließlich die Alternative „nicht störender Gewerbebetrieb“ in Betracht. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BVerwG zur Zulässigkeit von Ferienwohnungen in allgemeinen Wohngebieten vor Einführung des § 13 a BauNVO liegt (noch) nicht vor.
Die Oberverwaltungsgerichte vertreten diesbezüglich keine einheitliche Rechtsauffassung. Das OVG Greifswald, Urteil vom 28.12.2007 - 3 M 190.07, und das OVG Lüneburg, Urteil vom 15.01.2015 – 1 KN 61.14, sehen Ferienwohnnutzung in allgemeinen Wohngebieten als unzulässig an; das OVG Schleswig hat in seiner Entscheidung 1 MB 12/20 vom 16.09.2020 im vorläufigen Rechtschutzverfahren die Ferienwohnnutzung als eine auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Nutzung und daher als gewerbliche Nutzung gewertet.
In WA-Gebieten „alter“ B-Pläne wären, unter Heranziehung der o.g. Entscheidung des OVG Schleswig, Ferienwohnungen ggf. als nicht störende Gewerbebetriebe – nach entsprechender Nachbarbeteiligung im Genehmigungsverfahren gemäß § 72 LBO – als Ausnahme zulässig (Einzelfallentscheidung). Hierbei ist zu beachten, dass die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleiben muss. Das bedeutet, dass auch in WA-Gebieten ein grundsätzliches Ruhebedürfnis der kollektiven Wohngemeinschaft zu wahren ist (vgl. BVerwG, 4 C 1.02 vom 21.03.2002).
c. Mischgebiet (MI)
In allen Fassungen der BauNVO sind gemäß § 6 Abs. 2 sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe allg. zulässig.
Die unter b. stehenden Ausführungen zur Rechtsprechung gelten auch für FeWo in Mischgebieten. Unter Heranziehung der o.g. Entscheidung des OVG Schleswig wären Ferienwohnungen in MI-Gebieten „alter“ B-Pläne als nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe allgemein zulässig, solange die Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.
Zulässigkeit von Ferienwohnungen in Gebieten ohne B-Plan (Beurteilung nach § 34 BauGB)
In Gebieten ohne B-Plan richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben insbesondere danach, ob sich dieses nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem in der BauNVO formulierten Baugebiete, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.
Bei den in den Baugebieten ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 BauGB anzuwenden. Auch in diesem Fall wird der Nutzungskatalog der verschiedenen Baugebiete der Baunutzungsverordnung herangezogen. Ob eine Ausnahme zugelassen wird, ist immer einer Einzelfallentscheidung, bei der zu berücksichtigen ist, dass der vorhandene Gebietscharakter erhalten bleibt. Eine ausnahmsweise zulässige Nutzung muss gegenüber der Regelbebauung / -nutzung immer eine Ausnahme bleiben.
4. Antragstellung Ferienwohnnutzung
Aufgrund der vorherigen Ausführungen zur planungsrechtlichen Fassung von Ferienwohnungen ist die Nutzungsänderung einer (Dauer-)Wohnung in eine Ferienwohnung baugenehmigungspflichtig. Eine Verfahrensfreiheit gem. § 63 Abs. 2 Landesbauordnung S-H (LBO) besteht nicht. Verfahrensfrei ist die Änderung der Nutzung von Anlagen nur, wenn für die Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen. Bauordnungsrechtlich ist mit Blick auf eine Ferienwohnnutzung bspw. der Stellplatznachweis sowie der Brandschutz anders zu beurteilen, als dies für dauerhaftes Wohnen der Fall ist.
Ein Antrag auf Nutzungsänderung einer Wohnung in eine Ferienwohnung ist bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde zu stellen. Der Antrag kann im Genehmigungsverfahren nach § 67 LBO oder § 69 LBO gestellt werden. Das vollumfängliche Genehmigungsverfahren nach § 67 LBO kann ohne Hinzuziehung eines/r Architekten/in erfolgen. Seitens der Stadt wird die Einhaltung der Vorgaben aus dem BauGB und der LBO geprüft. Bei dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gem. § 69 LBO sind die Unterlagen durch eine/n bauvorlageberechtigte/n Entwurfsverfasser*in (bspw. Architekt*in) vorzulegen. Seitens der Stadt wird bei diesem Verfahren nur die planungsrechtliche Zulässigkeit geprüft. Die Entwurfsverfasser*in erklärt mit seiner/ihrer Unterschrift, dass die Vorgaben der LBO eingehalten werden. Es sind bei beiden Verfahren dem Antrag das Bauantragsformular, eine aktuelle Flurkarte, Grundriss und Schnitt, Flächenberechnung, eine formlose Betriebsbeschreibung sowie der statistische Erhebungsbogen beizufügen.
Die Kosten für das Genehmigungsverfahren richten sich nach den Baukosten. Wenn bspw. für eine Wohnung mit 100 qm eine reine Nutzungsänderung ohne Umbaumaßnahmen beantragt wird fallen folgende Kosten an:
Verwaltungsgebühren im Genehmigungsverfahren § 67 oder § 69: 100 € (Mindestgebühr, ab Baukosten von 10.000 € steigt die Gebühr auf 110 € und dann ansteigend)
Genehmigung der Nutzungsänderung: 100 €
(Mindestgebühr 100 €, ansonsten 1 € pro angefangene Quadratmeter umgenutzte Fläche)
Flurkarte: 23,80 €
Summe: 223,80 €
Die Bauaufsichtsbehörde hat über die nach § 69 LBO eingereichten Anträge nach Vorlage der vollständigen Unterlagen innerhalb von 3 Monaten zu entscheiden. Für Anträge nach § 67 LBO besteht keine Entscheidungsfrist.
5. Bestandsschutz und Ordnungswidrigkeiten
Ein Bestandsschutz könnte ausschließlich für Ferienwohnungen in WA-Gebieten und MI-Gebieten „alter“ B-Pläne entstanden sein, wenn die Nutzung in der Vergangenheit genehmigungsfähig war. Dies ist im Einzelfall - nach Eingang des Nutzungsänderungsantrages - zu prüfen.
Weder Bestandschutz noch die Gewerbeanmeldung ersetzen die Erforderlichkeit der Baugenehmigung; auch eine bestandsgeschützte ungenehmigte bauliche Nutzung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (s. u.).
Gem. § 82 Abs. 1 Nr. 3 LBO handelt diejenige Person ordnungswidrig, die vorsätzlich oder fahrlässig ohne die erforderliche Genehmigung oder abweichend davon bauliche Anlagen errichtet, ändert oder benutzt. Ist dies der Bauaufsichtsbehörde bekannt, ist sie verpflichtet eine nicht genehmigte Nutzung zu untersagen. Zudem kann die Ordnungswidrigkeit gem. § 82 Abs. 3 LBO mit einem Bußgeld geahndet werden.
