Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Ratsinformationssystem der Stadt Schleswig

ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage öffentlich - VO/2024/176

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Unterrichtung/Beteiligung

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (§ 47 f GO): Nein

Unterrichtungspflicht des Seniorenbeirates (§ 47 e GO): Nein

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Neufassung einer Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (Zweitwohnungssteuersatzung) wird gemäß Anlage beschlossen.

Reduzieren

Sachverhalt

1. Zuständigkeit

Die Ratsversammlung ist gemäß § 28 Nr. 2 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein zuständig.

 

2. Sachdarstellung

Der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichtes, als auch des Bundesverwaltungsgerichtes folgend, wurde im Jahr 2020 eine Neufassung der Satzung der Stadt Schleswig über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer beschlossen. Hintergrund war die Unzulässigkeit der bis dahin angewandten Bemessungsgrundlage, basierend auf der sog. Jahresrohmiete und deren Unvereinbarkeit mit Artikel III des Grundgesetzes.

 

Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben seinerzeit in ihren Entscheidungen leider nicht explizit eine geeignete Bemessungsgrundlage für die Steuererhebung vorgegeben. Es wurden lediglich Anhaltspunkte und Kriterien benannt, die gerichtsseitig erfüllt sein müssen, damit die Steuererhebung nicht grundsätzlich verfassungswidrig, sondern rechtskonform möglich sei. Hauptaugenmerk dieser Vorgaben war die Abstellung auf die Lage und die Vergleichbarkeit der zu besteuernden Zweitwohnungen.

 

In der Folge hatte eine Arbeitsgruppe des Städteverbandes Schleswig-Holstein einen Satzungsvorschlag erarbeitet, der die aktuelle Rechtsprechung und die vom Gericht geforderten Differenzierungen berücksichtigte. Die dann erarbeitete Bemessungsgrundlage orientierte sich am Bodenrichtwert (BRW), der Gebäudeart, dem Baujahr sowie an der Wohnfläche.

 

Die Stadt Schleswig folgte bei der Neufassung der Zweitwohnungssteuersatzung in 2020 den Empfehlungen der Arbeitsgruppe, wie viele andere Gemeinden auch.

 

3. Problemdarstellung

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat mit Urteilen vom 24. April 2024 (Az. 6 KN 1/24 und 2/24), die Zweitwohnungssteuersatzungen der Gemeinden Hohwacht sowie Timmendorfer Strand für unwirksam erklärt.

 

Die Zweitwohnungssteuer in der Stadt Schleswig wurde bisher lt. Satzung vom 15.12.2020, in der Fassung der I. Nachtragssatzung vom 13.12.2021 nach dem gleichen Berechnungsmodell wie in den Gemeinden Hohwacht und Timmendorfer Strand erhoben.

 

Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des OVG ist diese als Erhebungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer in der Stadt Schleswig folglich nicht mehr zulässig.

 

4. Handlungsbedarf

Damit rechtssicher für zurückliegende Zeiträume und zukünftig eine Zweitwohnungssteuer erhoben werden kann, bedarf es somit einer Neufassung der Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (Zweitwohnungssteuersatzung), die hinsichtlich der Bemessungsgrundlage den gerichtlich bestätigten Anforderungen entspricht.

 

Um noch nicht bestandskräftige Veranlagungen sowie Neuveranlagungen, die noch zurückliegenden Zeiträumen zuzurechnen sind, berücksichtigen zu können, muss die Satzung rückwirkend erlassen werden. Die Rückwirkung betrifft den Zeitraum bis zum erstmaligen Inkrafttreten einer Zweitwohnungssteuersatzung in der Stadt Schleswig zum 01. Januar 2014. Seit diesem Veranlagungszeitraum 2014 sind noch Gerichtsverfahren anhängig und Veranlagungen somit noch nicht vollumfänglich bestandskräftig.

 

Gegen die rückwirkende Änderung der Satzung bestehen auch rechtlich keine Bedenken, da die Abgabepflichtigen hinsichtlich noch nicht bestandskräftiger Veranlagungszeiträume dadurch nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisherigen Satzung (Schlechterstellungsverbot gem. § 2 Abs. 2 Satz 3 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein). Um dies zu gewährleisten, werden entsprechende Vergleichsberechnungen im Rahmen einer Günstigerprüfung durchgeführt.

 

Das OVG hat nunmehr mit Entscheidung vom 09. Oktober 2024 (Az. 6 LB 6/24), den gegenüber den vorgenannten Satzungen leicht modifizierten Berechnungsmaßstab in der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Tönning jedoch als nicht zu beanstanden und somit rechtmäßig eingestuft, so dass ein derzeit rechtsicheres Berechnungsmodell zur Verfügung steht. Die Ausgestaltung des Lagewertes erfolgt nunmehr durch Verwendung eines relativierten Bodenrichtwertes.

 

Diese Bemessungsgrundlage wurde in der Neufassung der Zweitwohnungssatzung der Stadt Schleswig weitestgehend übernommen. Weiterhin wurden einige Formulierungen der Praxis angepasst.

 

Die vom OVG in seinen Urteilen vom 24. April 2024 aufgeworfene Problematik der großen Spanne zwischen den höchsten und den niedrigsten „reinen“ Bodenrichtwerten in einem Satzungsgebiet, sowie deren Auswirkungen auf die Steuerhöhe und einer gem. Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden Besteuerung, stellt sich nun nicht mehr. Der Lagefaktor wird nunmehr von den relativierten Bodenrichtwerten bestimmt.

 

Der Lagefaktor ermöglicht es, bei der Bemessung des Steuermaßstabs einzubeziehen, dass das Vorhalten einer Zweitwohnung in einer gefragten Lage typischerweise einen höheren finanziellen Aufwand erfordert, als das Vorhalten einer Zweitwohnung in einer weniger gefragten Lage. Somit erfasst der Lagefaktor den Belastungsgrund hinreichend, ohne jedoch den Steuermaßstab zu dominieren oder das es zu großen Spreizungen der Steuer im Satzungsgebiet führt.

 

Dieses gelingt, da der neue Lagefaktor nicht den „reinen“ Bodenrichtwert, sondern einen relativierten Bodenrichtwert widerspiegelt. Anstelle auf den absoluten, am Markt ermittelten (durchschnittlichen) Wert eines Quadratmeters Bauland abzustellen, beschreibt der Lagefaktor im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 der neuen Zweitwohnungssteuersatzung vielmehr Wertverhältnisse innerhalb des Satzungsgebiets, indem er das Verhältnis des für den Steuergegenstand anzusetzenden Bodenrichtwertes zu dem im Satzungsgebiet höchsten Bodenrichtwert zugrunde legt und den Wert 1 hinzurechnet. Durch diesen Rechenschritt wirkt sich die Dynamik der Entwicklung der Bodenrichtwerte deutlich weniger auf den Lagefaktor aus, als dies bei Berücksichtigung der „reinen“ Bodenrichtwerte der Fall wäre. Der Additionsfaktor „1“ ist hierbei ein reiner Rechenwert der lediglich dazu dient, die Spreizung (also Wertigkeit des Bodenrichtwerts) zu mindern. Hiermit wird der gerichtlichen Forderung nach einem neben der Wohnfläche weiteren, lediglich der Feinjustierung dienenden Faktor, nachgekommen.

 

Der Steuersatz ist aufgrund der neuen Berechnungsgrundlagen rückwirkend so anzupassen, dass es aufgrund des Schlechterstellungsverbotes bei noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen bzw. noch nicht festgesetzten Vorauszahlungen, zu keinen erheblichen Ertragseinbußen kommt.

 

Mit einem rückwirkenden Steuersatz von 16,25 von Hundert wird erreicht, dass es überwiegend bei den dann noch durchzuführenden Veranlagungen bzw. Korrekturveranlagungen aus zurückliegenden Zeiträumen nicht zu einer Erstattung von bereits vorausgezahlter Zweitwohnungssteuer kommt.

 

Für bereits bestandskräftige Veranlagungen der Jahre 2014 bis 2023 gilt die Rückwirkung nicht.

 

Ab dem 01.01.2025 ist ein Steuersatz von 11,0 v. H. zu beschließen. Dieser stellt sicher, dass das Zweitwohnungssteueraufkommen annähernd in der bisherigen Höhe erreicht wird (Aufkommensneutralität für die Stadt Schleswig). Für den einzelnen Steuerpflichtigen kann es durch die neue Berechnungsgrundlage jedoch zu Abweichungen gegenüber der bisherigen Steuerfestsetzung kommen.

 

5. Begründung des Beschlussvorschlages

Die als Anlage beigefügte Neufassung der Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer trägt der aktuellen Rechtsprechung und somit einer rechtssicheren Steuererhebung Rechnung.

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...